EINZELAUSGABE
Vol. 26 (2019)
No. 2 [N.F. 102]
Inland € 29,75
Ausland € 31,75
Editorial
ZUM THEMA ‚FARBE'
Inhalt
Vol. 26 (2019), No. 2, N.F. 102
FOTOGRAFIE IM DREIKLANG VON TECHNIK, PRODUKT UND REKLAME Im Zuge einer vollständigen Neupositionierung und -gestaltung des Deutschen Optischen Museums (D.O.M.) in Jena bis 2022 werden erstmalig die Bestände des Bereichs Fototechnik inventarisiert und gesichert.
EDITORIAL
Hubert Locher
Zum Thema ‚Farbe‘
(S. 1)
INHALT
EIN BILD
Felix Thürlemann
Picasso leiht sich bei der Comtesse de Castiglione ein Taschentuch aus (S. 4–7)
MEDIENGESCHICHTE
Antje Dittmann
„Über Alfurenschädel in Halmahera“: Willy Kükenthals Expedition zum Malaiischen Archipel (1893/94) und das Ringen der Fotografie um Eigenständigkeit
(S. 8–17)
BEstände
Sonja Feßel
„[E]twas sensationell Neues“ – Marburg in Farbe: Zu den Autochromen von Georg Mylius am Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
(S. 18–30)
Ulrike Lötzsch
Fotografie im Dreiklang von Technik, Produkt und Reklame: Die fototechnische Sammlung des Deutschen Optischen Museums in Jena
(S. 31–38)
Ausstellungen Maria Männig
Malerei und Fotografie im Mediendialog: Eine Sonderausstellung der Kunsthalle Karlsruhe zum Verhältnis von Fotografie und Malerei im 19. Jahrhundert – mit einem zeitgenössischen Einschub von Takashi Arai
(S. 39–46)
Berichte
Daniela Nowakowski
Vielschichtig ist das Leben der Farben: Farbfotografie aus dem Ringier Bildarchiv im Stadtmuseum Aarau – ein Annäherungsversuch
(S. 47–56)
Literatur
Rezensionen
Ein fotografisches Erbe des Ersten Weltkriegs: Die Inventarisierungder Belgischen Kunstdenkmäler (Rainer Stamm) (S. 57–59)
Abenteuer Autochrom: Hans Hildenbrand als Pionier der Farbfotografie (Franziska Scheuer)
(S. 60–63)
Neu eingegangen
Zeitschriftenauswertung
Fortbildung
Ankündigungen
Termine
IMPRESSUM
ABSTRACTS
„ÜBER ALFURENSCHÄDEL IN HALMAHERA“
Willy Kükenthals Expedition zum Malaiischen Archipel (1893/94) und das Ringen der Fotografie um Eigenständigkeit
Den Zoologen Willy Kükenthal führt 1893 eine Forschungsreise im Auftrag der Senckenbergischen Gesellschaft in den malaiischen Archipel. Auf der Reise nutzt er in großem Umfang die Fotografie. Die dort entstandenen Aufnahmen erscheinen in einem opulent bebilderten Reisebericht, welcher mit seinen verschiedenen Techniken typisch für ein illustriertes Buch um 1890 ist. An der Herstellung des Bandes sind die führenden Protagonisten der damaligen fotomechanischen Reproduktion beteiligt. Während die Fotografien des Reiseberichtes idealisierende Retuschen im Stil der tradierten Malerei erhalten, bemüht sich Kükenthal im Anhang des Bandes um die Erstellung fotografischer Messbilder von mitgebrachten menschlichen Schädeln. Dazu greift er auf eine Methode der beiden Schweizer Wissenschaftler Fritz und Paul Sarasin zurück und modifiziert diese.
„ETWAS SENSATIONELL NEUES“
– MARBURG IN FARBE
Zu den Autochromen von Georg Mylius am Deutschen Dokumentationszentrum
für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
Im Herbst 2018 übernahm das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg vom Hessischen Staatsarchiv in Marburg einen Bestand von 86 Autochromen im Format 9 x 12 cm als Schenkung. Die um 1910 vom jungen Pharmazeuten Georg Heinrich Mylius gefertigten Aufnahmen zeigen überwiegend Motive aus Marburg und der näheren Umgebung – das Landgrafenschloss, die Elisabethkirche, Ansichten der Marburger Oberstadt –, aber auch „Bremen vom Freiballon aus 1912“, den Havelsee bei Brandenburg sowie schwedische Schären. 24 der Marburger Aufnahmen wurden 1912 vom N. G. Elwert Verlag als Postkarten im Dreifarbendruck vertrieben. Bei den Autochromen handelt sich um frühe Aufnahmen im Lumière’schen Verfahren und zugleich um die wohl ältesten erhaltenen Farbfotografien der Stadt Marburg. Sie sind als solche für die Fotogeschichte wie auch das Land Hessen von besonderer Bedeutung. Im Folgenden soll der Bestand vorgestellt werden.
FOTOGRAFIE IM DREIKLANG VON TECHNIK, PRODUKT UND REKLAME
Die fototechnische Sammlung des Deutschen Optischen Museums in Jena
Im Zuge einer vollständigen Neupositionierung und -gestaltung des Deutschen Optischen Museums (D.O.M.) in Jena bis 2022 werden erstmalig die Bestände des Bereichs Fototechnik inventarisiert und gesichert. Neben vielen hundert historischen Kameras und Fotoobjektiven rücken zehntausende Fotografien in den Fokus, die nicht nur das beständige Anwachsen der hauseigenen Sammlung dokumentieren, sondern auch die Geschichte der Fotografie ab den 1840er Jahren zu erzählen vermögen. Zusätzlich konnten über 2 300 Bestandseinheiten fototechnischer Publikationen der sogenannten grauen Literatur identifiziert werden, beispielsweise Produktkataloge oder Bedienungsanleitungen, die überwiegend aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts datieren. Die Bestände werden konservatorisch behandelt und mit modernster Scan- und Fototechnik digitalisiert. Sie sollen zukünftig über ein D.O.M.-Portal online zugänglich sein.
MALEREI UND FOTOGRAFIE IM MEDIENDIALOG
Eine Sonderausstellung der Kunsthalle Karlsruhe zum Verhältnis von Fotografie und Malerei im 19. Jahrhundert – mit einem zeitgenössischen Einschub von Takashi Arai
Mit ihrer Erfindung trat die Fotografie in ein Verhältnis zu den etablierten Künsten – allen voran der Malerei. Mit der Sonderausstellung „Licht und Leinwand“ lotet die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe diese Beziehung einmal mehr aus. Das Projekt versteht sich als Auftakt, das institutionell bisher nicht verankerte Thema der Fotografie in die künftige Sammlungs- und Ausstellungspolitik zu integrieren. Die Schau widmet sich dem Zeitraum von 1839 bis 1900, indem sie Malerei- und Fotografiegeschichte materialreich wie konsequent zueinander in Dialog setzt. Die Folie für diese vornehmlich auf Genres fokussierte Erzählung bildet die Karlsruher Gemäldesammlung. Als zeitgenössischer Kontrapunkt, der auf die Anfänge der Fotografie zurückverweist, fungiert die Raum-Klang-Installation des japanischen Künstlers Takashi Arai, mit der dieser die Technik der Daguerreotypie reaktiviert.
VIELSCHICHTIG IST DAS LEBEN DER FARBEN
Farbfotografie aus dem Ringier Bildarchiv im Stadtmuseum Aarau – ein Annäherungsversuch
Die Bilderschau „Vielfarbig ist das Leben“ im Stadtmuseum Aarau (20. Februar 2018 – 3. April 2019) zeigte Schweizer Pressefotografien in Farbe aus der Zeit zwischen 1954 und 1974. Der Vermittlung des ersten reinen Farbbestandes im Ringier Bildarchiv ging das Erschließungs- und Konservierungsprojekt „Farbe bekennen“ voraus, über das 2014 im Rundbrief Fotografie (N.F. 83) berichtet wurde. An diesen Bericht anschließend gibt der vorliegende Artikel im ersten Teil Einblick in die Bildwelten des rund 39 000 Farbdias zählenden Bestandes und verortet diesen in der Geschichte der illustrierten Presse. Zu dieser Ausstellung wurde der Workshop „Faszination Farbfotografie“ veranstaltet. Anhand einer Auslegeordnung zur Geschichte der Farbfotografie aus dem Pressebildbestand „AA“, der Sammlung historischer Fotografien im Stadtmuseum Aarau und dem privaten, familiären Fundus der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde eine Diskussion zur Bedeutung und privaten Verwendung der Farbfotografie eröffnet und den Spuren der Faszination, die von ihr ausgeht, nachgespürt.
ENGLISH ABSTRACTS
“ALFUR SKULLS IN HALMAHERA”
Willy Kükenthal’s Expedition to the Malay Archipelago (1893/94) and Photography’s Struggle for Independence
In 1893, zoologist Willy Kükenthal embarked on an expedition to the Malay Archipelago on behalf of the Senckenbergische Gesellschaft. He made extensive use of photography during his journey. These images feature in a richly illustrated account of his travels, whose various techniques make it typical for an illustrated book around 1890. The leading protagonists of photographic reproduction at the time were involved in producing the book. While the images accompanying the travel report are retouched and idealized in the style of traditional painting, Kükenthal is at pains in the appendix to include photogrammetric images of the human skulls he brought back with him. He does this by modifying a method developed by Swiss scientists Fritz and Paul Sarasin.
“SOMETHING SENSATIONALLY NEW” – MARBURG IN COLOR
Georg Mylius’ Autochromes at Deutsches Dokumentationszentrum
für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
In fall 2018, Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (German Documentation Center for Art History – Bildarchiv Foto Marburg) received as a gift from the Hessen State Archive in Marburg a portfolio of 86 autochromes measuring 9 x 12 cm. Taken around 1910 by the young pharmacist Georg Heinrich Mylius, they are primarily of motifs from Marburg and the immediate surroundings – the Landgrafenschloss (Marburg Castle), Elisabethkirche (Church of St. Elisabeth), views of the Marburg upper town – as well as “Bremen vom Freiballon aus 1912” (Bremen from a gas balloon, 1912), Havelsee in Brandenburg, and Swedish islets. In 1912 the publisher N. G. Elwert Verlag sold 24 of the Marburg images as three-color postcards. The autochromes are early examples of photographs taken using the Lumière process and are the earliest preserved color photographs of the town of Marburg. As such, they are of particular importance for the history of photography and the State of Hessen. The portfolio is presented in the following.
PHOTOGRAPHY AS TECHNOLOGY, PRODUCT, AND ADVERTISING
The Photo Technology Collection of the Deutsches Optisches Museum in Jena
As part of a complete repositioning and redesign of the Deutsches Optisches Museum (D.O.M.) in Jena through 2022, the holdings of the Photo Technology section are being inventoried and backed up for the first time. Alongside several hundred historical cameras and lenses, the focus will now be on tens of thousands of photographs which not only document the constant growth of the museum’s own collection, but also recall the history of photography from the 1840s onwards. Furthermore, it was possible to identify in the holdings over 2, 300 examples of “gray literature” photo technical publications, e.g., product catalogs and operating instructions dating for the most part from the first decades of the 20th century. The holdings are being preserved and digitized using cutting-edgte scanning and photo technology. In future they will be accessible online via a D.O.M. portal.
PAINTING AND PHOTOGRAPHY IN MEDIA DIALOG
A Special Exhibition by Kunsthalle Karlsruhe Devoted to the Relationship Between Photography and Painting in the 19th Century – with a Contemporary Installation by Takashi Arai
When it was invented, photography entered into a relationship with the established arts – first and foremost painting. With the special exhibition “Camera and Canvas”, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe is once again sounding out this relationship. The project sees itself as the beginning of an endeavor to integrate the topic of photography in the institute’s future collection and exhibition policy, in which it previously did not feature. The exhibition covers the period between 1839 and 1900, resolutely generating dialog between the history of painting and photography through an abundance of material. The Kunsthalle Karlsruhe painting collection provides the foil for this narrative, which focuses primarily on genres. The space and sound installation by Japanese artist Takashi Arai, in which he reactivates the daguerreotype technique, serves as a contemporary counterpoint with which he references the beginnings of photography.
THE LIFE OF COLORS IS COMPLEX INDEED
Color Photography from the Ringier Bildarchiv in Stadtmuseum Aarau – an Approach
The photography exhibition “Vielfarbig ist das Leben” (Life is multi-colored) at Stadtmuseum Aarau (February 20, 2018 – April 3, 2019) showcased Swiss press color photographs from 1954 until 1974. The presentation of the first purely color portfolio in Ringier Bildarchiv was preceded by the “Farbe bekennen” (Show your colors) development and conservation project, which in 2014 was mentioned in the photography circular (N.F. 83). Following on from that essay, the first part of this article provides an insight into the imagery of the approximately 39,000 colorslides in the portfolio and localizes this in the history of the illustrated press. A workshop entitled “Faszination Farbfotografie” (The fascination of color photography) was held on the occasion of the exhibition. By means of an overview of the history of color photography from the “AA” portfolio of press images, the collection of historical photographs at Stadtmuseum Aarau, and the participants’ private, family images, a discussion of the significance and private use of color photography was initiated and the fascination it triggers explored.