EINZELAUSGABE
Vol. 26 (2019)
No. 3 [N.F. 103]
Inland € 29,75
Ausland € 31,75
Editorial
AM GLAS KRATZEN
Fotoforschung interdisziplinär
Inhalt
Vol. 26 (2019), No. 3, N.F. 103
FOTORESTAURIERUNG HEUTE „We have the power to preserve [the] memories… Here, there and everywhere“. Dass das Fachgebiet der Fotorestaurierung mit einem TEDx-Talk auf einer Non-Profit-Plattform vertreten ist, die sich der Verbreitung großer Ideen und dem Schüren von Diskursen verschrieben hat, ...
EDITORIAL
Sonja Feßel
Am Glas kratzen: Fotoforschung interdisziplinär
(S. 1)
INHALT
EIN BILD
Rolf Sachsse
Tomas Riehle präsentiert Erwin Heerichs „Schnecke“ aus Beton und Feldbrandsteinen
(S. 4)
MEDIENGESCHICHTE
Rolf H. Krauss
Von Post- und anderen Karten: Die Karte als Träger fotografischer Bilder
(S. 7–15)
Rainer Stamm
„Kompromisslose Verwirklichung absolut photographischer Anschauung“: Archivfunde zur frühen Ausstellungs- und Sammlungsgeschichte Aenne Biermanns
(S. 16–24)
Britta Hochkirchen
Bildzeiten des Ereignisses: Reinhart Koselleck und das fotografische Bild (S. 25–35)
BEstände
Sören Schmeling und Sonja Gasser
Ausstellungsgeschichte als Ansichtssache: Das Fotoarchiv der Kunsthalle Basel
(S. 36–45)
BerichteJessica Morhard
Fotorestaurierung heute: Zum Joint Meeting der AIC Photographic Materials Group und der ICOM-CC Photographic Materials Working Group, 19.–23. Februar 2019, New York/USA
(S. 46–52)
Literatur
Rezensionen
Hubert Locher
Geschichte der Fotografie in Text und Bild
(S. 53–56)
Rolf Sachsse
Topf & Söhne: Maschinenbauer für Bier und Tod. Die industrielle Visualisierung unsichtbarer Lebensbereiche
(S. 57–58)
Evelyn Runge
Mit dem „Visual Man“ ins visuelle Zeitalter: Gerhard Paul schreibt eine Geschichte der Bildkulturen
(S. 59–61)
Neu eingegangen
Zeitschriftenauswertung
PERSONALIA
Wolfgang Hesse
Timm Starl zum 80. Geburtstag!
(S. 65)
Fortbildung
Call for Papers
Ankündigungen
Termine
IMPRESSUM
ABSTRACTS
VON POST- UND ANDEREN KARTEN
Die Karte als Träger fotografischer Bilder
Die Karte als Träger fotografischer Bilder in ihren Ausprägungen als Stereo-, Visit-, Post- und Sammelkarte hat die analoge Fotografie von Anfang an begleitet. Sie war neben Buch und Zeitschrift das herausragende Kommunikationsmedium der neuen Erfindung. Vermutlich nicht zuletzt wegen ihres massenhaften Auftretens ist sie allerdings bis jetzt von der Forschung vernachlässigt worden. Dabei war es gerade diese Eigenschaft, die die Zirkulation von fotografischen Bildern in Gang setzte und in Schwung hielt. Walter Benjamin erklärte die Wirkungsmacht der Fotografie mit ihrer Fähigkeit, die Wirklichkeit zu reproduzieren. Was aber nützt die beste Reproduktion, wenn sie in der Schublade bleibt oder nur in kleinen spezialisierten Kreisen zur Kenntnis genommen wird? Die Karte sorgte für eine angemessene Verbreitung.
„KOMPROMISSLOSE VERWIRKLICHUNG ABSOLUT PHOTOGRAPHISCHER ANSCHAUUNG“
Archivfunde zur frühen Ausstellungs- und Sammlungsgeschichte Aenne Biermanns
Aenne Biermann gehört zu den wichtigsten Vertretern des Neuen Sehens in Deutschland. Ausstellungen in Gera (2018/19) und München (2019) sowie mehrere neue Publikationen bieten einen exzellenten Überblick über ihr eindrucksvolles, in lediglich rund sechs Jahren entstandenes fotografisches Werk. Dennoch waren Teile der frühen Rezeptions- und Ausstellungsgeschichte Aenne Biermanns vergessen. Archivalien aus dem Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg und damit zusammenhängende weitere Archivfunde rekonstruieren die frühe Ausstellungs- und Rezeptionsgeschichte ihres Werks und erweitern die bisher bekannten Daten ihrer ersten Ausstellungen und Ankäufe durch Museen ab 1929.
BILDZEITEN DES EREIGNISSES
Reinhart Koselleck und das fotografische Bild
Der umfangreiche Bildnachlass des Historikers Reinhart Koselleck besteht mit seinen ca. 30 000 Objekten zu weiten Teilen aus Fotografien und wird heute im Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg aufbewahrt. Der Aufsatz versucht nachzuweisen, inwiefern Koselleck in der fotografischen Darstellung von Ereignissen die Überlagerung unterschiedlicher Zeitstrukturen aufzuzeigen bestrebt ist, um dadurch ihre Differenzen, als solche markiert, anschaulich werden zu lassen. Demnach wäre es ihm keineswegs darum zu tun gewesen, anhand von Bildern lediglich motivisch ein Ereignis (wieder)erkennbar vorzustellen, vielmehr legte er es darauf an, die multiple, heterogene Temporalität des (fotografischen) Bildes, die sowohl die Ebene des Dargestellten als auch diejenige der Darstellung selbst umfasst, für sein Nachdenken über die Historik zu nutzen.
AUSSTELLUNGSGESCHICHTE
ALS ANSICHTSSACHE
Das Fotoarchiv der Kunsthalle Basel
Das Fotoarchiv der Kunsthalle Basel dokumentiert die Ausstellungstätigkeit seit rund 100 Jahren. Während die 1872 gegründete Institution darauf ausgerichtet ist, zeitgenössische Kunst zu zeigen, schärft das überwiegend durch Drittmittel finanzierte Projekt ein Bewusstsein für historisch wertvolle Quellen. Die Konservierung, Restaurierung, Digitalisierung und Veröffentlichung des Fotoarchivs erfolgt in Kooperation mit dem Digital Humanities Lab der Universität Basel. Ein weiteres dort angesiedeltes Drittmittelprojekt, „Archives on the move“, beschäftigt sich damit, wie auf einer Plattform digitale Bestände von kulturellen Sammlungen durchsucht, visualisiert und vermittelt werden können. Mit einer Ausstellung im Herbst 2017 gelangte das Fotoarchiv erstmals ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit.
ENGLISH ABSTRACTS
POST- AND OTHER CARDS
The Card as a Medium for Photographic Images
As a medium for photographic images, cards, be they stereo cards, cartes de visite, postcards, or collectors’ cards, have accompanied analog photography from the outset. Alongside books and magazines, they were the outstanding communication medium of the new invention. However, presumably on account of their mass presence, they have to date been neglected by researchers, though it was precisely this phenomenon that set the circulation of photographic images in motion and kept its momentum going. Walter Benjamin explained the impact of photography referring to its ability to reproduce reality. But what use is the best reproduction if it is confined to a drawer or is only appreciated by small, specialized circles? Cards ensured appropriate distribution.
“THE UNCOMPROMISING REALIZATION OF AN ABSOLUTE PHOTOGRAPHIC VISION”
Archive Finds on Aenne Biermann’s Early Exhibition and Collection History
Aenne Biermann is one of the most important representatives of “Neues Sehen” (New Vision) in Germany. Exhibitions in Gera (2018/19) and Munich (2019), as well as several new publications, offer an excellent overview of her impressive photographic oeuvre, created in only around six years. Nevertheless, aspects of Biermann’s early reception and exhibitions had fallen into oblivion. Archival records from the Oldenburg State Museum for Art and Cultural History as well as other related findings reconstruct the early history of her exhibition practice and the reception of her work, thus enlarging on the so far known data on her early exhibitions and acquisitions by museums from 1929 onwards.
EVENTFUL PICTORIAL TIMES
Reinhart Koselleck and the Photographic Image
With its approx. 30,000 items, the extensive pictorial legacy of historian Reinhart Koselleck consists, to a large extent, of photographs. Today, these are kept at the German Documentation Center for Art History – Bildarchiv Foto Marburg. The essay attempts to show to what extent Koselleck in his photographic portrayals of events aims to demonstrate the overlapping of different time structures, in order to thus allow their differences, highlighted as such, to become apparent. If this is true, he was definitely not interested in using the motifs simply to present an event in such a way that it (again) became recognizable; instead, his intention was to use the multiple, heterogeneous temporality of the (photographic) image, which itself encompasses both the level of what is portrayed and that of portrayal itself, for his reflections on the science that is history.
EXHIBITION HISTORY AS A POINT OF VIEW
Kunsthalle Basel’s Photographic Archive
Kunsthalle Basel’s photographic archive has been documenting its exhibition activities for around 100 years. And although this institution, which was established in 1872, focuses on showing contemporary art, this project, which is largely financed by third-party sponsorship, raises the public’s awareness of historically valuable source material. The preservation, restoration, digitization and publication of the photographic archive take place in cooperation with the University of Basel’s Digital Humanities Lab. Another project that enjoys third-party funding, “Archives on the move”, explores how the digital content of cultural collections can be searched, visualized and communicated on one platform. An exhibition in fall 2017 first attracted the attention of a wider audience to the photographic archive.