EINZELAUSGABE
Vol. 27 (2020)
No. 2 [N.F. 106]
Inland € 31,50
Ausland € 33,75
Editorial
FOTOGRAFIE ALS ERKENNTNISMITTEL DER WISSENSCHAFT
Inhalt
Vol. 27 (2020), No. 2 [N.F. 106]
EIN BASLER BLICK AUF DIE MODERNE Der Basler Lothar Jeck arbeitete über drei Jahrzehnte hinweg als Bildberichterstatter für die „Schweizer Illustrierte Zeitung“. Sein Schaffen blieb weithin unbeachtet, wohl weil als Schlüsselbeitrag der schweizerischen Fotografie zur modernen Bildreportage immer die „Zürcher Illustrierte“ gilt.
VON FROSCHZUNGEN UND BLUTKÖRPERCHEN Im Jahr 1845 veröffentlichte der Physiker Jean Bernard Léon Foucault in Zusammenarbeit mit dem Mediziner Alfred François Donné den Bilderatlas „Cours de microscopie“ (1845).
„FÜR SCHULUNG UND UNTERRICHT GANZ UNENTBEHRLICH“ Ab den 1920er Jahren erlangten Bildbänder, das heißt auf Filmstreifen belichtete Einzelbilder, große Popularität. Für den Schulgebrauch in Deutschland bald verboten, blieb das Medium in Vereins- und Gemeindearbeit, Propaganda und Unterhaltung im Einsatz.
EDITORIAL
Hubert Locher
Fotografie als Erkenntnismittel der Wissenschaft (S. 1)
INHALT
EIN BILD
Stefanie Wiesel
Das Tor davor: Wie Stadtgeschichte in einer Bildkomposition reflektiert wird Mediengeschichte (S. 4–7)
MEDIENGESCHICHTE
Julia Bärnighausen und
Christiane Stahl
Von Froschzungen und Blutkörperchen: Léon Foucaults Mikro-Daguerreotypien auf der Spur (S. 8–21)
Wolfgang Brückle
Ein Basler Blick auf die Moderne: Der Fotoreporter Lothar Jeck
1898–1983 (S. 22–33)
BESTÄNDE
Anke Napp
„Für Schulung und Unterricht ganz unentbehrlich“: Bildbänder im Jörn Napp Bildbandarchiv (S. 34–43)
AUSSTELLUNGEN
Daniela Nowakowski
Industrie in Szene gesetzt: Pressefotografien aus dem Ringier Bildarchiv im Stadtmuseum Aarau (S. 44–52)
Forschung
Evelyn Runge„Wow! Haben Sie diese Bilder gemacht? Könnten wir sie verwenden?“: Fotojournalismus auf Twitter an der Schnittstelle von Augenzeuginnen und Fotoredakteuren (S. 53–58)
LITERATUR
Rezensionen
Michael Wildt
„Dies ist ein guter Deutscher – er ist tot“: Lee Millers schonungsloser Blick auf das eroberte Deutschland 1945 (S. 69/60)
Rolf Sachsse
Bild ohne Abbild: Fotografie und Abstraktion in Kunst und Wissenschaft (S. 61–63)
Neu eingegangen
Zeitschriftenauswertung
Fortbildung
Mitteilungen
Ankündigungen
Termine
IMPRESSUM
ABSTRACTS
VON FROSCHZUNGEN UND BLUTKÖRPERCHEN
Léon Foucaults Mikro-Daguerreotypien auf der Spur
Im Jahr 1845 veröffentlichte der Physiker Jean Bernard Léon Foucault in Zusammenarbeit mit dem Mediziner Alfred François Donné den Bilderatlas „Cours de microscopie“ (1845). Illustriert wurde dieser mit 80 Stahlstichen nach Mikroskop-Daguerreotypien, die zu den frühesten Mikrofotografien überhaupt zu zählen sind. Zwei dieser Daguerreotypien haben sich in Jena erhalten, weitere 24 konnten in Sammlungen in Paris, London und Oxford lokalisiert werden. Im Folgenden sollen die Objekte, ihr Entstehungskontext sowie ihre Sammlungsgeschichten beleuchtet werden.
EIN BASLER BLICK AUF DIE MODERNE
Der Fotoreporter Lothar Jeck 1898–1983
Der Basler Lothar Jeck arbeitete über drei Jahrzehnte hinweg als Bildberichterstatter für die „Schweizer Illustrierte Zeitung“. Sein Schaffen blieb weithin unbeachtet, wohl weil als Schlüsselbeitrag der schweizerischen Fotografie zur modernen Bildreportage immer die „Zürcher Illustrierte“ gilt. Eine nähere Betrachtung zeigt aber, dass dieses Schaffen sowohl eine beispielhafte Berufslaufbahn in der ersten Blütezeit der Fotoreportage zu rekonstruieren wie auch die blinden Flecke einer vor allem auf die Heldengestalten der fotografischen Moderne konzentrierten Geschichtsschreibung zu beseitigen hilft. Jeck gehört zu den vielseitigsten Schweizer Fotografen seiner Zeit, und weil er ein hergebrachtes Berufsverständnis mit der Offenheit für mediale Innovation verbindet, ist sein Fall aufschlussreich für die Umbruchphase fotografischer Kultur in der Zwischenkriegszeit.
„FÜR SCHULUNG UND UNTERRICHT GANZ UNENTBEHRLICH“
Bildbänder im Jörn Napp Bildbandarchiv
Ab den 1920er Jahren erlangten Bildbänder, das heißt auf Filmstreifen belichtete Einzelbilder, große Popularität. Für den Schulgebrauch in Deutschland bald verboten, blieb das Medium in Vereins- und Gemeindearbeit, Propaganda und Unterhaltung im Einsatz. Das Jörn Napp Bildbandarchiv verwahrt einen Bestand von rund 700 Objekten internationaler Provenienz, darunter ein Konvolut aus der Fürsorgeabteilung der Deutschen Kriegsmarine aus den Jahren 1920 bis 1944. Die Themen der Bildbänder umfassen Touristik und Kultur, christliche Religion, Politik, Naturwissenschaften und Unterhaltung. Die in Deutschland lange vergessenen Bildträger sind damit wertvolle Zeugnisse soziopolitischer Entwicklungen, Mechanismen der Propaganda und kultureller Wandlungsprozesse von der Weimarer Republik bis in die 1970er Jahre. Die Digitalisierung des Bestandes ist in vollem Gange; mehr als einhundert Medien können bereits online eingesehen werden.
INDUSTRIE IN SZENE GESETZT
Pressefotografien aus dem Ringier Bildarchiv im Stadtmuseum Aarau
Pressefotografien sind in der Ausstellung „Robozän – Neue Zeiten für Industrie, Arbeit und Konsum“ im Stadtmuseum Aarau prominent vertreten. Die präsentierten Aufnahmen aus dem Ringier Bildarchiv helfen einerseits dabei, Entwicklungen in der Schweizer Industrie im globalen Kontext seit den 1970er Jahren nachzuvollziehen, bei denen die Ausstellung zeitlich ansetzt. Andererseits reflektieren sie die Industriebilder breit rezipierter illustrierter Zeitschriften und Boulevardzeitungen aus dem Schweizer Medienhaus Ringier. Die ausgewählten Fotografien wurden für einige der in der Schweiz meistgelesenen Pressetitel gefertigt. Neben der Werksfotografie sowie freien Auftragsarbeiten können sie als eine eigene Kategorie der Industriefotografie beachtet werden. Die Besprechung gibt einen Einblick in die Bestände im Ringier Bildarchiv und den Umgang mit ihnen im Rahmen der Ausstellung „Robozän“.
ENGLISH ABSTRACTS
OF FROGS’ TONGUES AND BLOOD PLATELETS
On the Trail of Léon Foucault’s Photomicrographs
In 1845, physicist Jean Bernard Léon Foucault and physician Alfred François Donné published a collaborative work, the illustrated ‘‘Cours de microscopie’’ (Atlas of Microscopy) (1845). It featured no less than 80 steel-engraved microscope-daguerreotypes, which are considered to be amongst the first photomicrographs ever produced. Two of these daguerreotypes are now in Jena, another 24 were located in collections in Paris, London and Oxford. The following publication sheds light on the daguerreotypes, how they came about, and how they ended up in their present collections.
A BASEL VIEW OF THE MODERN AGE
Reportage Photographer Lothar Jeck, 1898-1983
Over three decades, Basel photographer Lothar Jeck worked as a reportage photographer for the “Schweizer Illustrierte Zeitung”. His work has not attracted a lot of attention, partly perhaps because it is the “Zürcher Illustrierte” that is usually considered the key Swiss contribution to modern reportage photography. Closer examination shows, however, that Jeck’s work allows to reconstruct an exemplary career path in magazine photography’s first period of prosperity and, at the same time, to eliminate a blind spot in a historiography that still prefers a focus on the heroes of modernity. Jeck was one of the most versatile Swiss photographers of his time, and as he combines a traditional professional approach with an open-minded absorption of innovation, his case provides us with insight into the transformations of photographic culture in the interwar period.
“ABSOLUTELY INDISPENSABLE FOR INSTRUCTION PURPOSES AND TEACHING”
Film Strips in the Jörn Napp Bildbandarchiv (Jörn Napp Film Strip Archive)
From the 1920s onwards, film strips, i.e. strips of transparencies for projection, became hugely popular. Though quickly banned from schools in Germany, the medium continued to be used for community work and the work of non-profit associations, as well as for propaganda and entertainment purposes. The Jörn Napp Bildbandarchiv (Jörn Napp Film Strip Archive) keeps holdings of some 700 objects of international provenance including a set of film strips from the Welfare Department of the German Navy from the years 1920 to 1944. The film strips cover topics rangin from tourism and culture to religion, politics, sciences, and entertainment. As such, this in Germany long since forgotten picture medium documents sociopolitical developments, the workings of propaganda, and cultural transformation processes from the 1920s right through to the 1970s. The stocks are currently being digitized and it is already possible to view over one hundred of the strips online.
SETTING THE SCENE FOR INDUSTRY
Press Photographs from the Ringier Image Archive in the Stadtmuseum Aarau (Aarau City Museum)
Press photographs are prominently represented in the exhibition “Robocene – New Times for Industry, Labour and Consumption” in the Stadtmuseum Aarau (Aarau City Museum). On the one hand, the presented photographs from the Ringier Image Archive help to trace developments of the Swiss industry in a global context since the 1970s – the starting point of the exhibition. On the other hand, they reflect the industrial images of illustrated magazines and tabloids from the Swiss media house Ringier. The selected photographs were produced for some of the most widely read press titles in Switzerland. In addition to images from factory photographers and commissioned work, they can be considered as a separate category of industrial photography. The review provides an insight into the holdings in the Ringier Image Archive and how they are handled in the context of the exhibition “Robocene”.