EINZELAUSGABE
Vol. 23 (2016)
No. 3 [N.F. 91]
Inland € 29,75
Ausland € 31,75
Editorial
Inhalt
Vol. 23 (2016), No. 3, N.F. 91
PURKYNES LACHEN Ein alter Mann lacht so ungeniert in die Kamera, dass man ihn auch ohne Ton zu hören meint. Der weiße Haarschopf ist trotz hoher Stirn immer noch üppig, der offene Mund lässt ein etwas angekratztes Gebiss erahnen.
FOTOGRAFIE ZWISCHEN KUNSTMARKT UND WISSENSCHAFT Das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (DDK) beherbergt seit 1937 einen Bestand von rund 1 500 Glasplattennegativen der Berliner Galerie Fritz Gurlitt.
SONDERVORHABEN OST-BERLIN Im Jahr 2013 gab es in Berlin einen bedeutenden Fund: 18 Bildcollagen mit Architekturdarstellungen für den Aufbau von Ost-Berlin zur Hauptstadt der DDR wurden durch die Berlinische Galerie – Museum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur wiederentdeckt und erworben.
EDITORIAL
Sonja Feßel
Archiv & Zeit. Zum Potenzial des Archivs (S. 1)
INHALT
EIN BILD
Michael Hagner
Purkyněs Lachen (S. 4–7)
MEDIENGESCHICHTE
Sonja Feßel
Fotografie zwischen Kunstmarkt und Wissenschaft: Zum Glasplattenbestand der Kunsthandlung Fritz Gurlitt, Berlin, im Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (S. 8–22)
MATERIALITÄT
Stefanie Pfeifer und Maria Bortfeldt
Sondervorhaben Ost-Berlin:
Die Restaurierung der Architekturcollagen von Dieter Urbach (S. 23–31)
BESTÄNDE
Agnes Matthias
Welten erschließen: Die Fotobestände der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen (S. 32–38)
DATENBANKEN
Katja Schumann
Fotografie zwischen Reproduktion und Artefakt: Das Datenbankprojekt „Daphne“ im Kontext der fotografischen Bestände an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (S. 39–44)
AUSSTELLUNGENJohanna Gummlich
Fotografien für Köln und die Welt – 90 Jahre Rheinisches Bildarchiv: Jubiläumsausstellung im Kunsthaus Rhenania, Köln, 10. bis 22. November 2016 (S. 45–51)
BERICHTE
Manuela Fellner-Feldhaus
Eingeklebt, gedruckt, gebunden – Fotos in Büchern: Zur DGPh-/ESHPh-Tagung „Seiten, Blicke | Pages, Views – Aktuelle Forschungen zu Geschichte und Tendenzen von Photo | Buch | Album“, Wien, 10. Juni 2016
(S. 52–54)
LITERATUR
Rezensionen
Fotojournalismus: Unzulängliche Handreichungen zu einer schwindenden Profession
(Bernd Weise) (S. 55/56)
Die Autochrome von Heinrich Kühn: Faksimilierung und Publikation früher Farbfotografie (Katja Schumann) (S. 57–59)
Die „Ipha“ in Dresden 1909:
Ein aktueller Beitrag zur Bildkritikforschung
(Katja Schumann) (S. 59–61)
Neu eingegangen
Zeitschriftenauswertung
FORTBILDUNG
Ausschreibung
Termine
EINGESANDTE MANUSKRIPTE
IMPRESSUM
ABSTRACTS
FOTOGRAFIE ZWISCHEN KUNSTMARKT UND WISSENSCHAFT
Zum Glasplattenbestand der Kunsthandlung Fritz Gurlitt, Berlin, im Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
Das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (DDK) beherbergt seit 1937 einen Bestand von rund 1 500 Glasplattennegativen der Berliner Galerie Fritz Gurlitt. Diese dokumentieren überwiegend Kunstwerke – ältere wie auch zeitgenössische –, die dort ausgestellt und/oder über die Galerie gehandelt wurden, aber auch in Künstlerateliers sind Aufnahmen entstanden. Des Weiteren beinhaltet das Konvolut einige bemerkenswerte, teilweise unpublizierte Fotografien der
im Auftrag von Wolfgang Gurlitt durch Walter Würzbach, Max Pechstein, César Klein und Rudolf Belling expressionistisch gestalteten Wohn- und Galerieräume.
Der Bestand ist ein wichtiges Zeugnis des Kunstschaffens und des Kunsthandels der 1910er und 1920er Jahre, nicht zuletzt auch der Rolle der Fotografie in diesem Zusammenhang. Etwa die Hälfte der Platten wurde noch während des Zweiten Weltkriegs erschlossen und in den 1980er Jahren in der Mikofiche-Edition „Marburger Index – Inventar der Kunst in Deutschland“ publiziert. Der Rest verblieb, sorgfältig verwahrt, im Depot des DDK, wo er im vergangenen Jahr aufgrund des aktuellen Forschungsinteresses an der Familie Gurlitt und im Hinblick auf die Provenienzforschung neu entdeckt wurde.
SONDERVORHABEN OST-BERLIN
Die Restaurierung der Architekturcollagen von Dieter Urbach
Im Jahr 2013 gab es in Berlin einen bedeutenden Fund: 18 Bildcollagen mit Architekturdarstellungen für den Aufbau von Ost-Berlin zur Hauptstadt der DDR wurden durch die Berlinische Galerie – Museum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur wiederentdeckt und erworben. Die fragilen Collagen lagerten fast 40 Jahre im Verborgenen. Wasser und Schimmel hatten Papier und Gelatine der Fotografien zugesetzt, das Ausstellen der Collagen war in diesem Zustand undenkbar. Die einzelnen Collageelemente waren aufgrund ihrer Materialität und durch verschiedene Umweltfaktoren unterschiedlich gealtert. Einige Elemente lösten sich vom Träger, durch den Wasserkontakt hatte die Fotoschicht ihre Festigkeit und ihren Zusammenhalt verloren. Neben der Festigung und Stabilisierung aller 18 Bildcollagen wurde ein stark beschädigtes Collageelement rekonstruiert. Die im Folgenden beschriebenen Restaurierungsschritte haben dazu beigetragen, die Architekturentwürfe wieder zugänglich zu machen. Das Restaurierungsprojekt wurde ermöglicht durch eine Förderung des Stiftungsbündnisses „Kunst auf Lager“.
WELTEN ERSCHLIESSEN
Die Fotobestände der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen
Die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen (SES) besitzen umfangreiche Bestände an Fotografien aus nahezu allen Regionen der Welt. Die Positive, Negative und Diapositive – entstanden zwischen 1860 und heute – gehen zurück auf Reisende und Forscher, Kolonialbeamte und Militärs, Seeleute und Missionare, Anthropologen und Ethnologen. Die Bilder, viele von ihnen mit kolonialem Hintergrund, geben nicht nur Aufschluss über die fotografische Entdeckung der fünf Kontinente und ihrer verschiedenen Kulturen, sondern berichten auch von den Bedingungen, unter denen sie entstanden sind. Die Fotografien werden aktuell in einer Auswahl datenbankgestützt erschlossen und digitalisiert.
FOTOGRAFIE ZWISCHEN REPRODUKTION UND ARTEFAKT
Das Datenbankprojekt „Daphne“ im Kontext der fotografischen Bestände an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
Für die optische Wiedererkennbarkeit von Objekten ist die Reproduktionsfotografie in musealen Datenbanken essenziell. Im Datenbankprojekt „Daphne“ der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wird der Gesamtbestand von 1,5 Millionen Objekten erfasst, der im Durchschnitt mit drei fotografischen Objektaufnahmen pro Datensatz bebildert wird. Dieser Beitrag beleuchtet sowohl Problematiken hinsichtlich der Erfassung von fotografischen Beständen wie auch die Doppelrolle der Fotografie als Objektreproduktion und kulturelles Artefakt eigenen Werts.
FOTOGRAFIEN FÜR KÖLN UND DIE WELT – 90 JAHRE RHEINISCHES BILDARCHIV
Jubiläumsausstellung im Kunsthaus Rhenania, Köln, 10. bis 22. November 2016
1926 in Folge der Jahrtausendausstellung der Rheinlande (1925) gegründet, feiert das Rheinische Bildarchiv (RBA) dieses Jahr sein 90-jähriges Bestehen. Die Jubiläumsausstellung im Kunsthaus Rhenania, Köln, stellt die Geschichte des Archives, seine damaligen wie heutigen Funktionen sowie eine Auswahl aus seinen Beständen vor. Anhand historischer wie auch zeitgenössischer Fotografien wird über die Geschichte und Entwicklung der Fotografie, ihre Materialität, ihre multiplen Funktionen sowie über die Verantwortung der Bildarchive als Bewahrer kostbarer fotografischer Bestände reflektiert.
ENGLISH ABSTRACTS
PHOTOGRAPHY BETWEEN ART MARKET AND SCIENCE
The Glass Plate Holdings of the Art Gallery Fritz Gurlitt, Berlin, in the Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
Germany’s Documentation Center for Art History – Bildarchiv Foto Marburg (DDK) has accommodated a collection of approximately 1,500 glass plate negatives of the Galerie Fritz Gurlitt, Berlin, since 1937. These primarily document pieces of art – the older as well as the contemporary – that were exhibited there and/or were traded through the gallery, but also photographs created in artists’ studios. In addition, the collection includes a number of remarkable, and in some instances unpublished photographs of living and gallery spaces that were expressionistically designed on behalf of Wolfgang Gurlitt by Walter Würzbach with works by Max Pechstein, César Klein und Rudolf Belling.
The collection is a significant testimony to the creation of art and the art scene in the 1910s and 1920s and not in the least, also to the role of photography in connection with this. Around half of the plates had already been developed during the Second World War and these were published in the 1980s in the microfiche edition ‘Marburger Index – Inventory of Art in Germany’. The rest remained carefully stored in the repository of the Bildarchiv Foto Marburg (DDK) where they were discovered anew in the previous year as the result of the current research interest in the Gurlitt family and in view of the provenance research.
SPECIAL PROJECTS EAST BERLIN
The Restoration of the Architecture Collages by Dieter Urbach
In 2013, there was a significant finding in Berlin: 18 image collages with architectural representations for the development of East Berlin into the GDR capital were rediscovered and acquired through the Berlinische Galerie – Museum of Modern Art, Photography and Architecture. The fragile collages had been stored in secrecy for nearly 40 years. Water and mould had afflicted the paper and gelatine of the photographs to the extent that exhibiting the collages in this state was inconceivable. The individual collage elements were diversely aged as the result of their materiality and through various environmental factors. Some elements faded from the carrier; the photographic layer had lost its resistance and cohesion through the water contact. Alongside the strengthening and stabilisation of all 18 image collages, a much damaged collage element was reconstructed. The restoration steps described in the following have served to render the architectural draughts accessible to the public once again. The restoration project was made possible through the support of the ‘Kunst auf Lager’ (Art in Repositories) endowment alliance.
WORLDS OPENED UP
The Photographic Holdings of the State Ethnographical Collections Saxony
The State Ethnographical Collections Saxony (SES) own extensive collections of photographs from nearly all regions of the world. The positives, negatives and slides – originated between 1860 and today – trace back to travellers and researchers, colonial officials and militaries, sailors and missionaries, anthropologists and ethnologists. The images, many of them with a colonial background, not only provide an explanation regarding the photographic discoveries of the five continents and their different cultures, but also report on the conditions under which they were produced. A selection of images has currently been digitised and will be made accessible via the museum’s database.
PHOTOGRAPHY BETWEEN REPRODUCTION AND ARTEFACT
The „Daphne“ Databank Project in the Context of the Photographic Holdings of the Dresden State Art Collections
The reproductive photography in museum data banks is essential to the optical recognisability of objects. The total number collected in the Dresden State Art Collections’ ‘Daphne’ database project is 1.5 million objects that, on average, are illustrated with three photographic object exposures per data set. This contribution illuminates the problems regarding the collection of photographic holdings as well as the dual role of the photograph as an object reproduction and cultural artefact of its own value.
PHOTOGRAPHY FOR COLOGNE AND THE WORLD – 90 YEARS RHENISH IMAGE ARCHIVE
Anniversary Exhibition at the Kunsthaus Rhenania, Cologne, from November 10th through 22nd, 2016
Founded in 1926 as the result of the Rhineland Millennium Exhibition (1925), the Rhenish Image Archive (RBA) will be celebrating its 90 year-old existence this year. The anniversary exhibition in the Kunsthaus Rhenania, Cologne introduces the history of the archive and its former and modern functions as well as a selection from its collections. With the aid of historic as well as contemporary photographs, the history and development of photography, its materiality and its multiple functions are reflected upon as well as the responsibility of the image archive as the preserver of valuable photographic collections.