EINZELAUSGABE
Vol. 23 (2016)
No. 4 [N.F. 92]
Inland € 29,75
Ausland € 31,75
Editorial
Inhalt
Vol. 23 (2016), No. 4, N.F. 92
VON BERUF FOTOPRODUZENT Eine Frau sitzt aufrecht im Schneidersitz, ihre Augen sind geschlossen. Mit dem rechten Arm zieht sie ihren Kopf leicht zur Seite, der linke Arm liegt locker über ihrem Knie.
AUSGESCHIEDEN, ABER NICHT WEGGEWORFEN Im 19. Jahrhundert hatten professionelle Fotografen bisweilen die Gewohnheit, aus der gleichen Kameraposition nacheinander zwei Platten zu belichten. Vor allem bei aufwendig arrangierten Genreszenen lässt sich diese Praxis beobachten.
EDITORIALSebastian Dobrusskin
Durch Forschung erhalten (S. 1)
INHALT
EIN BILD
Evelyn Runge
Von Beruf Fotoproduzent: Wie Stockfotografen den Markt der Bilder beeinflussen (S. 4–7)
MEDIENGESCHICHTE Felix Thürlemann
Ausgeschieden, aber nicht weggeworfen: Ägyptenfotografien von Otto Schoefft in einem Album des Pariser Musée d’art et d’histoire du Judaïsme (S. 8–19)
Katharina Arlt
Experimentelle Farbfotografie und Computerkunst: Zur „Zahlenfrau (Anna)“ (um 1970) von Wolfgang G. Schröter (S. 20–28)
MATERIALITÄTAndrea Arnold, Barbara Spalinger Zumbühl, Vai van den Heiligenberg und Stefan Zumbühl
„Pannotypen [sind] unstreitig unter allen Collodiumpositivs die Empfehlenswerthesten.“ Die Pannotypie – ein Transferverfahren auf schwarzes Wachstuch. Zur Geschichte, Technik, Materialität und Schadensphänomenen (S. 29–41)
BESTÄNDEJohannes Hofmeister, Markus Köster und Stephan Sagurna
Natur- und Heimatschutz-Fotografie zwischen 1912 und 1944: Zum fotografischen Nachlass Dr. Hermann Reichling und seiner Erschließung (S. 42–51)
BERICHTESonja Feßel
Unikate im Plural: Zu den Special Theme Lectures des ICOM-CC Photographic Materials Working Group Interim Meeting, Rijksmuseum, Amsterdam, 23./24. September 2016 (S. 52–57)
LITERATUR
Rezensionen
Das Loch im Bild: Eine ikonografische Studie zum Bombenkrater in der Fotografie (Rolf Sachsse) (S. 58–60)
Neu eingegangen
Zeitschriftenauswertung
PERSONALIADE-Marburg/Stuttgart: Wolfgang Hesse in den Wissenschaftlichen Beirat des „Rundbrief Fotografie“ berufen (Hubert Locher) (S. 62)
ANKÜNDIGUNGwww.fotomanifeste.de: Eine neue Webseite zur Geschichte der Fotografie (Bernd Stiegler) (S. 62)
FORTBILDUNGCall for Papers
Termine
EINGESANDTE MANUSKRIPTE
IMPRESSUM
ABSTRACTS
AUSGESCHIEDEN, ABER NICHT WEGGEWORFEN
Ägyptenfotografien von Otto Schoefft in einem Album des Pariser Musée d’art et d’histoire du Judaïsme
EXPERIMENTELLE FARBFOTOGRAFIE UND COMPUTERKUNST
Zur „Zahlenfrau (Anna)“ (um 1970) von Wolfgang G. Schröter
Fotohistorische Ressentiments gegenüber der Farbfotografie und ihre späte institutionelle Anerkennung als künstlerisches Medium in der DDR spiegeln sich bis heute in der Forschungslage wider. So liegt der Fokus der überwiegenden Untersuchungen zur Farbfotografie auf der Fotografengeneration der Autonomen, deren Schaffenszeit in den 1980er Jahren beginnt. Dass bereits die Generation der Gründer- und Aufbaujahre beachtenswerte professionelle farbfotografische Leistungen erzielte, beweist das Œuvre des Fotografen Wolfgang G. Schröter (1928–2012), dessen fotografischer Nachlass 2014 von der Deutschen Fotothek in Dresden erworben wurde. Im Zentrum des Beitrags steht stellvertretend für Schröters experimentelles, komplexes farbfotografisches Gesamtwerk der Versuch einer fototechnischen Rekonstruktion und fotohistorischen Kontextualisierung seiner Arbeit „Zahlenfrau (Anna)“, einer auf fotometrischer Grundlage entstandenen fotografischen Farbumsetzung der 1970er Jahre.
„PANNOTYPEN [SIND] UNSTREITIG UNTER ALLEN COLLODIUMPOSITIVS DIE EMPFEHLENSWERTHESTEN.“
Die Pannotypie – ein Transferverfahren auf schwarzes Wachstuch. Zur Geschichte, Technik, Materialität und Schadensphänomenen
So selten wie Pannotypien heute sind, so gering sind die Kenntnisse von diesem fotografischen Verfahren. Untersuchungen hierzu stellen ein Desiderat dar. Anhand literarischer Quellen sowie technologischer Untersuchungen an Pannotypien aus dem Bestand der Burgerbibliothek in Bern möchte der vorliegende Beitrag ein erster Schritt dahin gehend sein, diese Lücke zu schließen.
Der erste Teil befasst sich mit dem historischen Hintergrund und den theoretischen Grundlagen des Verfahrens. Hierzu werden Anleitungen von Fotopionieren der ersten Stunde herangezogen, um die einzelnen Schritte im Herstellungsprozess zu rekonstruieren. Der zweite Teil nimmt die Objekte selbst unter die Lupe. Mit Hilfe kunsttechnologischer Methoden ließen sich nicht nur neue Erkenntnisse zur Materialität und Struktur von Pannotypien gewinnen, sondern auch Schadensphänomene, die mit den Schilderungen der historischen Quellen überraschend deckungsgleich sind, aufzeigen.
NATUR- UND HEIMATSCHUTZ-FOTOGRAFIE ZWISCHEN 1912 UND 1944
Zum fotografischen Nachlass Dr. Hermann Reichling und seiner Erschließung
Der Ornithologe und Direktor des Provinzialmuseums für Naturkunde in Münster Dr. Hermann Reichling (1890–1948) war ein Pionier des Naturschutzes und zugleich ein passionierter Fotograf. Sein Nachlass – insgesamt rund 9 000 Fotografien – stellt eine bedeutende Quelle für die Natur- und Sozialgeschichte Nordwestdeutschlands in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar. Im Folgenden werden der fotografische Bestand sowie dessen archivische Sicherung, Digitalisierung und Erschließung im Rahmen eines Verbundprojektes unter Federführung des LWL-Medienzentrums für Westfalen vorgestellt. Ein Onlineportal, ein Bildband und eine Wanderausstellung präsentieren ihn jetzt der Öffentlichkeit.
ENGLISH ABSTRACTS
REJECTED, BUT NOT DISCARDED
Photographs of Egypt by Otto Schoefft in an Album of the Musée d’Art et d’Histoire du Judaïsme, Paris
EXPERIMENTAL COLOUR PHOTOGRAPHY AND COMPUTER ART
On Wolfgang G. Schröter’s ‘Numerical Woman (Anna)’ (ca. 1970)
The current state of research mirrors photo-historical resentment against colour photography as well as its late institutional recognition as an artistic medium in the GDR. Predominantly, the investigation into colour photography tends to focus on the generation of the autonomous photographers, who began working in the 1980s. However, the œuvre of photographer Wolfgang G. Schröter (1928–2012), whose photographic estate was acquired by the Deutsche Fotothek in Dresden in 2014, proves that the generation of the founding and form-taking period already created remarkably professional colour photographs. This article attempts a photo-technical reconstruction and photo-historical contextualisation of an artwork that is exemplary of Schröter’s oeuvre of experimental and complex colour photography: his colour photographic piece based on photometry, ‘Numerical Woman (Anna)’ (1970s).
‘PANNOTYPES (ARE) INDISPUTABLY THE MOST RECOMMENDABLE AMONG ALL COLLODION POSITIVES.’
The Pannotype – A Transfer Process onto Black Oilcloth. History, Technique, Materiality and Damage Phenomena
Today, pannotypes are just as rare as the knowledge of this photographic process is limited. Investigations regarding this remain a desideratum. With the aid of literary sources as well as technological investigations of pannotypes from the holdings of the Burgerbibliothek in Bern, this present contribution seeks to take first steps toward filling this gap.
The first part concentrates on the historical background and the theoretical bases of the process. For this, instructions by the earliest pioneers of photography are called upon in order to reconstruct the individual steps in the production process. The second part places the objects themselves under the magnifying glass. By means of art technological methods, not only new knowledge can be gained regarding the materiality and structure of pannotypes, but the damage phenomena that are surprisingly congruent with the portrayals of the historic sources are also demonstrated.
NATURE AND HOMELAND PROTECTION PHOTOGRAPHY BETWEEN 1912 AND 1944
The Photographic Estate of Dr Hermann Reichling and its Indexing
Ornithologist and Director of the Provincial Museum for Natural History in Münster, Dr Hermann Reichling (1890–1948), was a pioneer in nature conservation and at the same time a passionate photographer. His work – a total of around 9,000 photographs – represents a significant source for the natural and social histories of northwest Germany in the first half of the 20th century. In the following, the photographic collection as well as its archival protection, digitisation and indexing within the scope of a group project under the leadership of the LWL Media Centre for Westphalia are introduced. An online portal, an illustrated book and a touring exhibition present the collection to the public.