EINZELAUSGABE
Vol. 24 (2017)
No. 4 [N.F. 96]
Inland € 29,75
Ausland € 31,75
Editorial
Inhalt
Vol. 24 (2017), No. 4, N.F. 96
“A CHARACTERISTIC PHOTOGRAPH OF THE KING AND QUEEN OF ITALY" It requires cognitive effort for the viewer to agree with Magritte that ‘ceci n’est pas une pipe’: it requires such work to agree with the editors of the Graphic. An Illustrated Weekly Newspaper that this front-page picture of 13 May 1899 ‘is a photograph’.
DAS BILD DES WISSENSCHAFTLERS Die Sammlung Fotografie als Teilbestand der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin bewahrt ein in Umfang und Gestaltung opulentes Fotoalbum aus einer unbekannten Werkstatt.
DIE KUH VOM EIS HOLEN Circa 18 000 Positive, Negative und Mikrofiches wurden durch den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln 2009, insbesondere durch den Eintrag von Wasser, zum Teil schwer beschädigt.
EDITORIAL
Hubert Locher
Fotografie als mediale Praxis (S. 1)
INHALT
EIN BILD
Tom Gretton
“A Characteristic Photograph of the King and Queen of Italy”: On a Wood Engraving in an Illustrated Weekly Newspaper (S. 4–7)
MEDIENGESCHICHTE
Michalis Valaouris
Das Bild des Wissenschaftlers: Autorität, Profession und Gender in einem Fotoalbum für Karl Weierstraß (1885) (S. 8–18)
Judith Riemer
Als Werner Rohde an der Decke ‚klebte‘: Vergleichende Betrachtungen zu Beschnitt und Montage zweier Abzüge in den Alben von Gerda Leo und Werner Rohde (S. 19–24)
MATERIALITÄT
Marie-Louise Frank
Die Kuh vom Eis holen: Über die Bearbeitung von eingefrorenen, stark beschädigten fotografischen Materialien im Historischen Archiv der Stadt Köln (S. 25–35)
AUSSTELLUNGEN
Bernd Stiegler
LITERATUR
Rezensionen
Angela Lammert: Konnotationen zwischen nautisch und erotisch: Muscheln in der Fotografie (S. 45–49)
Anja Schürmann: Fotobuch ≠ Fotobuch: Ein Tagungsband aus München (S. 49–52)
Carina Sperber: Indizien, Spuren und die Fotografie (S. 52–54)
Rolf Sachsse: Nach Auschwitz: Eine neue Annäherung an die Fotografie? (S. 54–56)
Neu eingegangen
Zeitschriftenauswertung
PERSONALIASteffen Siegel: Vom Foto-Historama zur kritischen Fotogeschichte: Ein Nachruf auf Bodo von Dewitz (1950–2017) (S. 59) LESEN
FORTBILDUNG
Ankündigungen
Ausschreibung
Call for Papers
Termine
IMPRESSUM
ABSTRACTS
DAS BILD DES WISSENSCHAFTLERS
Autorität, Profession und Gender in einem Fotoalbum für Karl Weierstraß (1885)
Die Sammlung Fotografie als Teilbestand der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin bewahrt ein in Umfang und Gestaltung opulentes Fotoalbum aus einer unbekannten Werkstatt. Es wurde 1885 für den Mathematiker Karl Weierstraß (1815–1897), eine Leitfigur der modernen Analysis, gefertigt. Darin enthalten sind 294 Cartes de visite-Fotografien, die Mathematiker, Physiker und andere Wissenschaftler abbilden. Diese Personen stammten aus dem ganzen europäischen Raum und waren Kollegen oder Schüler von Weierstraß. Auffällig ist dabei, dass sich in dem Konvolut nur ein einziges Porträt einer Frau befindet. Es handelt sich um die russische Mathematikerin Sofja Kowalewskaja (1850–1891), der Weierstraß aufgrund der verwehrten Studiengenehmigung an der Berliner Universität Privatunterricht erteilte und die schließlich als eine der ersten Frauen zur Professorin an einer Universität berufen wurde. Dieser Aufsatz untersucht, inwiefern dieses Fotoalbum exemplarisch die Semiologie des Wissenschaftlers, die sozialen Register und die Verteilung des Wissens um 1880 reflektiert.
ALS WERNER ROHDE AN DER DECKE ‚KLEBTE‘
Vergleichende Betrachtungen zu Beschnitt und Montage zweier Abzüge in den Alben von Gerda Leo und Werner Rohde
In den 1920er Jahren war das Fotoalbum als Aufbewahrungsmedium für fotografische Bilder etabliert. Auch an den künstlerischen Ausbildungsstätten der Zeit nutzten
es die Schüler, um ihren Alltag und ihren künstlerischen Werdegang zu dokumentieren. Gerda Leo (1909–1993) und Werner Rohde (1906–1990) studierten zwischen 1925 und 1930 an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle (Saale). Beide legten mehrere Fotoalben an, in die sie eigene und auch Fotografien von Mitschülern einklebten. Jeweils ein Abzug ein und derselben Fotografie findet sich sowohl in einem Album von Gerda Leo als auch in einem von Werner Rohde. Der Vergleich beider Montagen soll aufzeigen, nach welchen gestalterischen Kriterien und mit welchen Zielen die Bilder einmontiert wurden und welche Bedeutung dem Album als Trägerobjekt dabei zukommt.
DIE KUH VOM EIS HOLEN
Über die Bearbeitung von eingefrorenen, stark beschädigten fotografischen Materialien im Historischen Archiv der Stadt Köln
Circa 18 000 Positive, Negative und Mikrofiches wurden durch den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln 2009, insbesondere durch den Eintrag von Wasser, zum Teil schwer beschädigt. Grundwasser, Abwasser, Schmutz, Bauschutt sowie hoher mechanischer Druck haben komplexe Schadensbilder verursacht, die in mehreren, aufeinanderfolgenden konservatorischen Maßnahmen behoben werden mussten. Alle nass geborgenen fotografischen Materialien wurden nach der Bergung eingefroren. Da eine Vakuumgefriertrocknung an dem überwiegenden Teil nicht möglich war, wurden diese Fotos aufgetaut, gereinigt, getrocknet und in Vierklappumschläge verpackt. Diese Maßnahmen wurden mit Restauratoren und Restaurierungshelfern innerhalb von 14 Monaten durchgeführt. Durch den Einsturz bedingt sind nahezu alle Bestände des Archivs auch inhaltlich in Unordnung geraten. Dies stellt eine große Herausforderung dar, da hierdurch die Bearbeitung und Benutzbarkeit nicht nur in konservatorischer, sondern auch archivarischer Hinsicht sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Nutzer stark eingeschränkt sind.
ENGLISH ABSTRACTS
THE IMAGE OF THE SCIENTIST
Authority, Profession and Gender in a Photo Album for Karl Weierstrass (1885)
The photography collection as part of the Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin inventory preserves a photo album of opulent design from an unknown studio.
It was created in 1885 for mathematician Karl Weierstrass (1815-1897), a leading figure in modern analysis. 294 Carte de Visite photographs that portray mathematicians, physicists and other scientists are included therein. These persons came from all over Europe and were colleagues or students of Weierstrass. It is noticeable that only one, single portrait of a woman is within the album. It shows the Russian mathematician Sofia Kovalevskaia (1850-1891), who, due to denied permission to study at the University of Berlin, Weierstrass granted private tutoring and ultimately became one of the first women to become a professor at a university. This essay examines how this photo album exemplarily reflects the semiology of the scientist, the social registers and the distribution of knowledge around 1880.
WHEN WERNER ROHDE ‚STUCK‘ TO THE CEILING
Comparative considerations on the cutting and mounting of twin prints in the albums of Gerda Leo and Werner Rohde
In the 1920s, the photo album was established as a safekeeping medium for photographic pictures. Students in the artistic training centres of the time also used it to document their everyday life and artistic development. Gerda Leo (1909-1993) and Werner Rohde (1906-1990) studied at the Burg Giebichenstein School of Arts in Halle (Saale) between 1925 and 1930. Both created several photo albums into which they affixed their own photographs as well as those of classmates. Respectively, a print of one and the same photograph can be found in an album by Gerda Leo and as well as that of Werner Rohde. The comparison of both mountings is intended to show the design criteria and the objectives for which each of the images were mounted and the resulting meaning of the album as a carrier object.
RESCUING AN ICY SITUATION
Regarding the Treatment of Icebound, Heavily Damaged Photographic Materials in the Historic Archive of the City of Cologne
Approximately 18,000 positives, negatives and microfiches were severely damaged by the collapse of the historic archive of the city of Cologne in 2009 and in particular, through the entry of water. Groundwater, sewage, dirt, construction debris and high mechanical pressure caused complex damage symptoms that had to be remedied in several successive conservation measures. All of the wet photographic materials secured were frozen after the recovery. Because, for the most part, a vacuum lyophilisation was not possible, these photos were thawed, cleaned, dried and packed in four flap enclosures. These measures were carried out by restorers and restoration assistants within 14 months. Due to the collapse, nearly all of the inventories in the archive were also disordered in terms of content. This presented a major challenge since it greatly limited the treatment and usability not only during conservation, but also in the archival aspects for both the staff members and the users.